Seestück

2006


Die Weite von Himmel und Meer vermittelt eine Unendlichkeit, in die alles, das sich nähern würde, eingesogen zu werden scheint. Unterstützt von der mittig verlaufenden Horizontlinie, vermittelt der Bildausschnitt tiefe Ruhe und zugleich Erhabenheit.
Inspiriert von Gerhard Richters Gemälde "Seestück (See-See)" (1970), überträgt Oliver Herrmann in seiner Arbeit dieses in ein anderes Medium: Was in Richters "Seestück (See-See)" wie Himmel scheint, ist tatsächlich eine um 180° gedrehte Meeransicht. Genauso fehlt in Herrmanns Arbeit der Himmel. Eine Glasscheibe halbierte das Bild und spiegelte das Meer in den "Himmel". Eine HDV-Kamera nahm das so konstruierte Bild auf. Damit sind die Bewegungen des Meeres und des Himmel-Meeres absolut zeitgleich.
Was auf den ersten Blick wie eine schöne Landschaftsaufnahme scheint, entpuppt sich als Täuschung. Dadurch, dass Herrmann das illusionistische Moment im bewegten Bild entwickelt, weckt es beim Betrachter nicht nur Verblüffung und Respekt gegenüber eines technischen Kniffs. Vielmehr findet ein Identifizieren dieses scheinbaren Ortes statt, was wiederum Raum für Erinnerung und Vision schafft und wie eine Art Steg verstanden werden kann, der auf das Meer zu führt

 

Mascha Pöhls