Billigmoderne

Stuttgarter Zeitung
20.2.2015

 

Lauter Spanplatten. Ein paar sind miteinander verschraubt, andere lehnen noch ander Wand. Die Konstrukte auf Oliver Herrmanns Fotografien sehen aus, als hätte ein Ikea-Kunde beim Montieren seines Kleiderschranks das Handtuch geworfen. Dabei sind die Arrangements des Stuttgarter Künstlers noch etwas weniger langlebig als die Produkte des schwedischen Möbeldiscounters. „Momentarchitekturen“ nennt der Absolvent der Karlsruher Hochschule für Gestaltung seinen satirischen Kommentar zur Billigmoderne. Gezeigt werden in der Oberwelt nämlich nicht die Originalbauten (die sind bereits wieder vernichtet), sondern nur deren fotografische Dokumentationen – denn erst durch den Perspektivenschwindel der Kamera entsteht der räumliche Gesamteindruck von asketischen Schlafkojen oder halbfertigen Kinderzimmern. In Wahrheit, verrät der Künstler, sei das Ganze noch simpler, noch kulissenhafter, als man denkt. Die beste Arbeit der Schau ist eine Fototapete, die den kleinen Eingangsraum der Oberwelt mit Hilfe eines alten Besteckkastens und Billigholz virtuell erweitert. Über die mögliche Herkunft der Materialien gibt das Foto gegenüber Auskunft: ein verfallenes Haus in Ostdeutschland.
Ausstellung "P2V20", bis 2. März, Oberwelt, Reinsburgstr. 93, Mo 21.30–24 Uhr.

 

Georg Leisten